Siegfried Frieseke
GLIBBER bis GRÄZIST
Borsdorf: Edition Winterwork, 2011

Fragen Sie Richard Sonnenschein

Wichtige Vorbemerkung: Da der Autor seit der Drucklegung des Werkes zu schriftlichen Stellungnahmen kaum mehr zu bewegen ist  und sich insbesondere allen Fragen zu Inhalt und Deutung seines umfangreichen und eigenwilligen literarischen Nachlasses verweigert (unter dem wohlfeilen Vorwand, »dem Text nicht im Weg stehen zu wollen«), habe ich mich als Mitwirkender der ersten Stunde bereit erklärt, in einer eigenen Kolumne berechtigte Anliegen interessierter Leser nach bestem Wissen zu beantworten. Ich darf voraussetzen, dass die Benutzer dieser Internetseite aus dem Anmerkungsapparat der Edition über meine Verantwortung für den Text ebenso wie über deren Grenzen informiert sind, und verweise für meine Einstellung zu dem gesamten Projekt insbesondere auf die Fußnoten S. 12, 79, 90 und 103 f.
Richard Sonnenschein (RS)
sonnenschein@glibber-bis-graezist.de


Frage von Chris aus Recklinghausen: Wer ist der auf Seite 94 erwähnte Dante? Der Gladbacher Verteidiger kanns ja wohl nicht sein.
RS: Nein, es handelt sich um einen verstorbenen italienischen Dichter, der zufällig denselben Namen trug.

Frage des Bayerischen Rundfunks: Manche Buchtitel sind ziemlich erwartbar. Wenn etwa nach den Feuchtgebieten von Charlotte Roche nun die Schoßgebete kommen, soll damit offensichtlich an den Erfolg angeknüpft werden. Aber warum nennt jemand sein Buch Erschieß die Apfelsine?
RS: Keine Ahnung.
Oder Glibber bis Gräzist? [Recte: GLIBBER bis GRÄZIST] Vielleicht, weil er dann im Wettbewerb um den kuriosesten Buchtitel mitmachen darf? (Magazin »Orange« vom 20.08.2011)
RS: Ich gestehe, dass ich zu gegebener Zeit den familienfreundlicheren Titel Drei ungleiche Freunde – eine menschliche Komödie vorschlug. Aber wer je versucht hat, Frieseke zu einem Kompromiss zu überreden, der weiß, wie wenig er sich um Auszeichnungen und Wettbewerbe bekümmert. (Hat sich doch selbst Projektleiter R. D. de la Escosura allen Erwägungen und gutgemeinten Ratschlägen zur Markttauglichkeit des Werkes verschlossen.) Ich muss also annehmen, dass Frieseke seinen Titel – wie viele andere hermetische Details des Textes – mit einer »höchst wichtigen, psychologischen Absicht« gewählt hat. Immerhin ist im Text, wenn nicht von Glibber, so doch von mancherlei ekelerregenden Dingen, und hie und da auch von der griechischen Sprache die Rede.  Übrigens hätte der Bayerische Rundfunk durch Beherzigung des Satzes »Wenn er irgendetwas Komisches sagt, dann ist es meistens nicht von ihm« (Seite 507) einen gebildeteren Eindruck erwecken können.

Frage von wiseguy aus Berlin: Wird Ihr nächstes Buch BIERMÖRD bis DWATSCH heißen?
RS: Wühlen Sie nur in meiner Wunde.

Frage von Hiltrud aus Oberammergau: Warum muss man das Andenken des großen Künstlers Florestan Schuldheiß durch die Veröffentlichung solcher schamlosen Dinge verunglimpfen? Ist nicht sein früher Tod tragisch genug, vor allem für Gudula die junge Witwe, jetzt mit zwei minderjährigen Töchtern?
RS: Sie sprechen mir aus der Seele, Hiltrud. Von mir selbst darf ich behaupten, dass ich in meiner Zeit als verantwortlicher Herausgeber und Redaktionsmitglied nichts unversucht ließ, den Text in dieser Hinsicht pietätvoller und diskreter zu gestalten. Dixi et animam salvavi – den Erfolg können Sie meinen Anmerkungen im Buch entnehmen! Doch Sie und ich, und unzählige weitere Musikfreunde, wir werden uns unseren Schuldheiß von einem Schnepperling nicht besudeln lassen!
Antwort von Hiltrud: Gott segne Sie!

Frage von Uschi aus Darmstadt: Welche Spielart der Sexualität symbolisiert Steußgast (S. 324ff.)? Die anderen konnte ich fast alle zuordnen.
RS: Sie werden mich nicht zwingen, in die Niederungen dieser unnötig langen Szene hinabzusteigen! Hier muss man wahrscheinlich einmal dankbar sein für die Unverständlichkeit der Schnepperlingschen Ausdrucksweise! Kennen Sie als Frau (?) wirklich keine geeignetere Lektüre?

Frage von Lector aus Paderborn: Steht Dirk in Teil II für die Sünde der Vana Gloria (Ruhmsucht)?
RS: Welcher Mensch stünde nicht dafür?

Very Frequently Asked Question: Sind Sie Schnepperling / Schuldheiß / der kondekorierte Kampfschwimmer?
RS: Diese Frage muss ich an den Autor weitergeben.
SF: Wie sagte der überschätzte Mediävist? Ein Autor identifiziere sich mit den Adverbien. Er hätte natürlich »Adverbialia« sagen sollen.

Frage von Engi aus Everywhere-is-my-Dojo: Erfährt Friedhelm im Finale Satori?
RS: Diese Frage muss ich an den Autor weitergeben.
SF: Bringt man Ihnen in Everywhere solche Fragen bei?

Very Frequently Asked Question: Ich habe einen Druckfehler gefunden. Interessiert Sie das?
RS: Sehr – aber vorab bezweifle ich es. Könnte Ihr Druckfehler a) eine archaische oder dialektale Form, b) eine kreative Alternative, c) Darstellung der Trunkenheit oder (wie sich Karl May ausdrückte, wenn man ihm Fehler vorwarf) d) »wichtige psychologische Absicht« sein? Wenn nicht, schreiben Sie eine e-mail an den Projektleiter und nehmen Sie an der Verlosung von drei Reifenatelier-Brummberger-Mousepads teil. (Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.)

Frage von sandraweber88 aus Saarbrücken: Als Literaturstudentin fühle ich mich von der intertextuellen Dimension des Buches überfordert. Wann wird der versprochene Kommentarband erscheinen?
RS: Diese Frage vermag ich leider nicht zu beantworten, da ich den Verkehr mit dem zuständigen WISSENSCHAFTLICHEN Mitarbeiter der Redaktion, Herrn DOKTOR von Linden, noch vor der Drucklegung des Textes abgebrochen habe.
EvL: Der wissenschaftliche Verlag, den wir im Auge haben, möchte damit noch zuwarten, bis das Buch die Verkaufszahl von 100.000 überschritten hat.

Frage von Sternau aus Bamberg: Ich quäle mich gerade durch das erste Kapitel, weil mir ein Bekannter gesagt hat, das Buch muss jeder Karl-May-Freund lesen. Bis jetzt sehe ich da überhaupts keinen Zusammenhang. Lohnt es sich das ich weiterlese? Stimmt es das später noch Winnetou vorkommt?
RS: In der Tat wurde, wenn man dem Protokoll Glauben schenken darf, neben den meisten anderen Phänomen zwischen Himmel und Erde in jener Nacht auch Karl May zum Diskussionsthema erhoben bzw. erniedrigt. Sofern Sie Ihre Teillektüre bereits mit der Persönlichkeit des Herrn DOKTOR Schnepperling bekannt gemacht hat, werden Sie einzuschätzen wissen, aus welcher Perspektive man den unerreichten Schöpfer Winnetous, Old Shatterhands und Sam Hawkens dabei ins Auge fassen wird... Mir hat die Karl-May-Lektüre meiner Jugend – und sie umfasste alle siebzig Bände, zum Teil mehrmals – dabei geholfen, auch diese posthume Schmutzkampagne mit Gleichmut und Gottesfurcht zu betrachten. Herr Oberlehrer Langer jedoch, der, wie ich gerne gestehe, ein noch besserer Kenner der Materie ist, arbeitet derzeit an einer Streitschrift, mit welcher er den irreführenden Eindruck, den ein unbedarfter Frieseke-Leser von Person und Werk des beliebten Volksschriftstellers erhalten muss, aufs gründlichste zu widerlegen plant. Das Erscheinen dieser Richtigstellung wird von vielen Filmfreunden mit Ungeduld erwartet.

Frage von August aus Sachsen-Anhalt: Ich habe in meiner Diplomarbeit zur unvergleichenden Religionswissenschaft eine vierte Person der Dreieinigkeit ermittelt und möchte den sauberen Herrn Siegfried Frieseke zwecks seiner nicht ordnungsgemäß nachgewiesenen Übernahme meines Forschungsergebnisses (Seite 583) auf Plagiat verklagen. Wo hat er seinen Hauptwohnsitz?
RS: Natürlich in ⁂.